Die Geschwindigkeit der Zeit und das Chaos

Jede Bewegung, jeder Prozeß läuft in einer bestimmten Geschwindigkeit ab, er schreitet linear in einem bestimmten Maß pro Sekunde voran. Aber kann die Zeit selbst ihre Geschwindigkeit verändern? Kann man das Vergehen der Zeit als Geschwindigkeit messen?

Einstein sagt, Zeit ist relativ, weil sie vom Bewegungszustand des zeitmessenden Beobachters abhängig ist. So kann ein bestimmter Zeitraum von einem Beobachter als eine Sekunde und von einem anderen als vierzig Jahre erlebt werden. Einstein nennt das Beispiel eines Mannes, der mit Lichtgeschwindigkeit zu einem entfernten Stern reist. Aus Sicht der Erde dauert die Reise jeweils etwa zwanzig Jahre, für ihn selbst dauert die Reise aber nur eine Sekunde oder weniger. Welcher Betrachtungspunkt für die Zeit ist nun der Richtige? Einstein sagt, beide Zeitrahmen sind real, denn Zeit existiert nur relativ zum Bewegungszustand des Beobachters.

Vielleicht ist Zeit auch nur ein gedankliches Konstrukt, keine mathematische Konstante. Wir Menschen erfahren dies in verschiedenen Situationen und Lebensabschnitten. Vergehen schöne Momente nicht viel schneller als unangenehme Situationen? Dauert für Kleinkinder das Erwachsenwerden "nicht ewig" und wird die Zeit nach dem Erwachsenwerden nicht immer knapper, kostbarer?

Was bestimmt, ob die Zeit sich beschleunigt oder verzögert? Kurzweil sagt: Die Zeit läuft gemäß dem Gesetz von Zeit uns Chaos zum Maß der Unordnung ab, d.h. der Zeitraum zwischen den herausragenden Ereignissen eines Prozesses (also Ereignissen, die sein Wesen verändern oder seine Zukunft maßgeblich beeinflussen) wird mit dem Maß der Unordnung länger oder kürzer. Das heißt: In einem Prozeß, den ein hohes Maß an Unordnung kennzeichnet, sind die Zeitabstände bis zum nächsten bedeutsamen Ereignis größer. Mit wachsendem Chaos vezögert sich die Zeit exponentiell.

Reflektion auf metallischer Wanduhr
Canon A1, 24mm Weitwinkel
Herbst 1997