Zur ökologischen Verantwortung


Erdbeben in Japan und L.A., Stürme und Hochwasserkatastrophen in Mitteleuropa haben uns auf schmerzliche Art und Weise wieder die Tatsache vor Augen geführt, daß sich die Natur doch nicht so leicht Untertan machen läßt. Der Organismus Erde ist stärker als der Mensch und wird auch noch existieren, wenn der Mensch schon längst von der kosmischen Bühne verschwunden sein wird. Wir sind jedoch gerade dabei diesen Organismus, der unsere Lebensgrundlage darstellt, zu zerstören und darüber kann auch ein wachsender materieller Wohlstand nicht hinwegtäuschen.

Wenn sich der Mensch gegen die Natur stellt, kann er nur Verlierer sein; denn gegen die Natur kämpft er auch gegen sich selbst - weil der Mensch ein Teil der Natur ist. Obwohl der Mensch als höchstentwickeltes Wesen die Spitze der Evolution darstellt, ist er dennoch nur ein Teil von diesem ganzen Sein.

Diese Erkenntnis kann dem homo sapiens, dem weisen Menschen, jedoch keinen anderen Weg offen lassen, als den Weg der Verantwortung. Weder ein homo oeconomicus noch ein homo faber und schon gar kein homo consumens wird in der Lage sein, die globalen Probleme zu bewältigen; lediglich der homo sapiens sapiens, der um die Wichtigkeit und Dringlichkeit seines Handelns weiß, wird den Herausforderungen der Zukunft gewachsen sein.

Es ist höchste Zeit gegen die fortschreitende Zerstörung unserer Lebensgrundlage anzu- kämpfen. Durch die enorme Komplexität und globale Vernetztheit der Systeme (politisch, wirtschaftlich, ökologisch, etc.) wie auch durch den Mangel an Verantwortungsbewußtsein, haben wir einen gigantischen Selbstzerstörungsautomatismus aufgebaut, dem nur wenige ins Antlitz zu blicken wagen.

Lediglich ein Prinzip Verantwortung kann dem durch Gier und Unwissenheit entfachten Feuer Einhalt gebieten - eine Verantwortung, die für eine nachhaltige Bewirtschaftung und keine Brandrodung unserer Ressourcen kämpft. Die harte ökonomische Realiltät hat bereits viel von der Erkenntnis um die enorme Wichtigkeit einer nachhaltigen Entwicklung verblassen lassen, die unsere politischen Führer vom Umweltgipfel `92 in Rio mitgenommen haben. Diese Probleme sind jedoch zu wichtig und zu akut, um aufgeschoben werden zu können.

Gerade den Industriestaaten käme sowohl eine historische als auch eine erkenntnis-theoretische Verantwortung zu, für ein neues Weltbild einzutreten, das auch den jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnissen der Quantenphysik (z.B. die Nichtlokalität von Quanten), der Molekular- und Evolutionsbiologie sowie der Ökologie Rechnung trägt. Die enorme Bedeutung der Kohärenz im Denken und Handeln legte auch der große Immanuel Kant in seiner dritten Maxime sehr eindrucksvoll dar.

Neben der positivistischen Betrachtungsweise der Natur als Ressource und Nährboden verleiht die psychologische Perspektive der Natur sogar einen höheren Stellenwert: Durch die staunende Betrachtung der Natur (natura naturans) können wir durch das Bewußtsein unserer Wurzeln und Verbundenheit mit der Natur die Schönheit und Würde der Natur auch in uns erkennen - eine Würde, die so wichtig ist für die Entfaltung des Menschen. Je weiter wir uns aber auch lokal - im Großstadtdschungel - von der Natur entfernen, desto weiter entfremden wir uns auch von unserer eigenen Natur. Denn wer meint, den Erholungs- und Inspirationswert eines Spazierganges durch ein natürliches Ökosystem jemals durch ein VR-animiertes Computerprogramm ersetzen zu können, der sollte sich einmal die Ruhe und Offenheit zur Erfahrung der Natur nehmen.

Die Versöhnung von Ökonomie und Ökologie wird jedoch aus knallharten gesamtwirt- schaftlichen Gründen eine immer wichtigere Rolle spielen und ein "Umweltfluchtpotential" von 0.5 bis 1 Milliarde Menschen (nach Zahlen der FAO und des UN- Weltbevölkerungsberichts`92) wird zu einem immer drohenderen Damoklesschwert.

Die Erschließung des "Umweltmarktes" mit seinem enormen Wachstumspotential darf aber nicht nur eine reine Marketingstrategie bleiben, sondern muß Maxime unseres Handelns werden. Durch eine zügige Integration ökologischer Komponenten in unser Wirtschaftsparadigma könnte gerade der Standort Deutschland eine Vision - bzw. eine strategic intelligence (SI), wie das neue Modewort aus Amerika heißt, verfolgen, die im Umweltschutz eine wichtige und auch lukrative Schlüsselindustrie von morgen sieht. Somit entwickeln wir uns nicht nur zu einer Zukunftsindustrie hin, die wir auch noch vor unseren Kindern vertreten können, sondern tragen auch der Verantwortung Rechnung, gerade die aufstrebenden Schwellenländer umwelttechnologisch für nachhaltigen Wohlstand auszurüsten.

Jedoch müssen volkswirtschaftliche Theorien auch durch beriebswirtschaftliches Handeln realisiert werden; unter diesem Aspekt richteten sich auch die Forderungen des Weltwirtschaftsforums in Davos (unter dem Motto Challenges Beyond Growth) an die Unternehmen, auch ihrer ökologischen Verantwortung gerecht zu werden. Immer wieder wird deutlich, daß es in großem Maße eine Frage der Vision ist, aus der die Kraft und das Selbstbewußtsein zur Meisterung der großen Herausforderungen erwächst; und wie weit jeder einzelne von uns sich damit identifizieren kann.

Der Schlußgedanke soll Meister Eckhart gehören, der - so finde ich - sehr zum Nachdenken inspiriert:
"Wenn die Seele Gott ohne die Welt hätte kennenlernen können, dann wäre die Welt nie erschaffen worden."

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