Verfälschte marktwirtschaftliche Ordnungsstrukturen als Auslöser globaler Umweltzerstörungen

Der fest mit dem Geldwesen verbundene Zinsmechanismus mit seinen ökologischen und gesundheitspolitischen Auswirkungen


Um die Zinsen für die Fremdkapitalaufnahme zu erwirtschaften, muß ein Unternehmen in unserer Wirtschaftsstruktur mehr Gewinn erzielen, als zur Tilgung der Schuldenlast und zum eigentlichen "Unternehmensüberleben" mit ethisch vertretbaren Gewinnspannen nötig wäre. Wenn dies nicht durch Übervorteilung des Konkurrenten oder aus einer rücksichtslosen Umweltnutzung heraus geschehen soll, wie etwa durch Mißbrauch der Elemente Luft und Boden als Abfalldeponien, kann dies nur durch massive Massenproduktion (vergleiche hierzu "Bücher'sches Gesetz der Massenfabrikation") erreicht werden, die über den eigentlichen Bedarf hinaus geht, d.h. durch die Schaffung eines künstlichen Angebotsüberhanges. Dies setzt jedoch voraus, daß der Absatz der daraus entstehenden Überproduktion gesichert ist. Neben vielen Aufgaben im Verkauf soll hier das Marketing mit einer Vielzahl von absatzpolitischen Instrumenten den Bedarf suggerieren, man spricht im Fachterminus auch gerne vom "Bedarf wecken", ganz so, als ob jeder Konsumwunsch in jedem einzelnen Individuum bereits latent vorhanden wäre. Diese pseudowissenschaftliche Unterstellung für sich allein genommen entbehrt freilich jeglicher Realität, denn es ist wohl schwerlich nachzuvollziehen, daß ein Konsument bereits jetzt einen in sich wohnenden Wunsch nach einem Produkt haben kann, was vielleicht erst in einigen Jahren auf den Markt kommt. Die Güter dieser Überproduktion müssen dabei aber auf Kosten der Umwelt mit einer von vornherein begrenzten Haltbarkeit hergestellt werden, damit man seinen eigenen Markt nicht durch zu geringe Wiederkäufe sättigt. Im Marketing spricht man in diesem Zusammenhang von "built in obsolescence", einen eingebauten Produktfehler also, der die Lebensdauer des Produktes künstlich senkt. Derartige Marketingstrategien verhinderten schon viele sinnvolle Produktinnovationen, wie zum Beispiel Automobilentwicklungen Anfang der 70er Jahre: Fahrzeugkonzeptionen kamen erst garnicht über die Planungsphase hinweg, da abzusehen war, das deren Lebensdauer den in dieser Branche üblichen Produktzyklus durchbrechen würde. Grundsätzlich ist dieser Sachverhalt jedoch in jedem Industriezweig anzutreffen, wenn auch nicht immer so transparent wie in der Automobilbranche, und so sind auch die Auswirkungen, die sich durch die gesteuerte Medienmanipulation am Konsumenten ergeben meist in ihren Zielen und Nebenwirkungen undurchschaubar und vielschichtig. Die absichtliche Herbeiführung von politischen Konflikten zur Sicherung des Auftragspolsters weniger Rüstungsindustrien ist hier, insbesondere in Verbindung mit den Auseinandersetzungen im Nahen Osten, ebenfalls denkbar wenngleich historisch schwierig oder nicht belegbar. Mehr als offenkundig ist aber wohl das einerseits schnelle Eingreifen der Westmächte im Irak und das beteiligungslose Tolerieren eines in jeglicher Hinsicht zu verurteilenden Bürgerkrieges auf dem Balkan andrerseits, wenn es keine direkten wirtschaftlichen Interessen zu wahren gilt.

Die Konsequenzen der durch den Zinsdruck entstehenden Kräfteverschiebungen schlagen sich jedoch nicht nur auf der Absatzseite nieder. So fluktuierten im Jahre 1989 immerhin 2.000 Mrd. Dollar (vergleiche hierzu im gleichen Jahre das Bruttosozialprodukt der BRD: 2.122 Mrd. DM) auf den internationalen Finanzmärkten. Diese fast zwanghafte Suche nach Anlagemöglichkeiten führt zu einer immer stärkeren Überbewertung der gehandelten Firmenanteile, sodaß in unregelmäßigen Abständen Wertkorrekturen notwendig werden, wie zum Beispiel beim Börsenkrach an der Wall Street im Herbst 1987. Dabei ist es auch ohne jegliches betriebswirtschaftliches Hintergrundwissen nachvollziehbar, daß durch den Kauf von Anlagen erzeugtes Wachstum nicht unbegrenzt lang möglich ist. Durch den Zinsmechanismus fällt jedoch immer mehr Kapital an, das sofort reinvestiert werden muß und dies nicht nur in Rüstungsgütern, Genforschungvorhaben, Bau von Atomkraftwerken und Müllverbrennungsanlagen, im besonderen Maße eignet sich, bedingt durch seine - ökonomisch definierte - Wertstabilität, der Produktionsfaktor Boden zur Kapitalanlage.

Wenn zum Beispiel der amerikanische Milliardär Daniel Ludwig ein Stück brasilianischen Urwald in der Größe Hollands für umgerechnet vier Mark pro Hektar kauft um seine Steuerlast aufgrund zu hoher Gewinne zu reduzieren, so ist er gleichzeitig gezwungen, wenn er dem überproportionalen Renditeverfall seines Bodens zuvorkommen will, es zu brandroden, riesige Flächen von Viehweiden und Monokulturen aufzubauen und die daraus erzeugten Produkte schnellstmöglich zu verkaufen. In diesem Fall bewerkstelligte Ludwig den Absatz der hieraus entstandenen Fleischproduktion über Fast-Food-Organisationen. Die Erlöse aus der Fleischproduktion müssen aber wieder reinvestiert werden, was erfahrungsgemäß durch Expansion des vorhandenen Systems geschieht, was in letzter Konzequenz die völlige Vernichtung des tropischen Regenwaldes als Folge hat.

Die immer größer werdenden Viehweiden bereiten natürlich eine Vielzahl von ökologischen Problemen, angefangen von Erosion durch Kahlfraß, Bodenunfruchtbarkeit durch Überdüngung und Versalzung aufgrund künstlicher Bewässerung bis hin zur klimatischen Verschiebungen durch den CH4-Ausstoß der Rinder. Wie bereits weiter oben in diesem Abschnitt dargestellt, müssen nun, ungeachtet der ökologischen Auswirkungen, weite Bevölkerungschichten von einem Bedarf an riesigen Mengen des Produktes Fleisch überzeugt werden, d.h. Marketingexperten "wecken" den globalen Mehrbedarf an Fleisch um den bereits erwähnten "Massenproduktionsabsatzmarkt" zu sichern. Und so hören wir täglich, daß Fleisch ein wichtiger Bestandteil unserer Ernährung ist, obwohl hunderte von Studien den kausalen Zusammenhang (Korrelation) zwischen dem Risiko an Rheuma oder Arthritis zu erkranken und der Höhe des täglichen Fleischkonsums beweisen! Dieser paradoxe Kreislauf schließt sich, wenn die völlig über den benötigten Bedarf hinaus erzeugten, und in ihrer Qualität immer weiter abnehmenden, Lebensmittel zur Haltbarmachung mit den Abfallprodukten der Atomindustrie bestrahlt werden, die ja selbst ein Ergebnis der Reinvestierung ist. Es entstehen mehr Krankheiten durch erhöhten Fleischkonsum, was folgerichtig zu einer exzessiven Medikamentenproduktion führt, die nicht nur unser Gesundheitssystem hoffnungslos überfordert, sondern deren Erlöse zum Teil wiederum investiert werden (müssen). Der Bundesbürger hat, nach wissenschaftlich anerkannten Untersuchungen, im Jahre 1985 sage und schreibe 860 Millionen DM aufgewendet um Krankheiten zu bekämpfen, die nachweislich durch zu hohen Fleischkonsum verursacht wurden. Nach einem Modell von Peter Cox entspricht dies, umgerechnet auf ein Arbeitszeitmodell, 25 Arbeitstagen im Jahr nur für die Heilung von "Fleischkrankheiten".

Aber nicht nur der Boden, wie oben aufgeführtes Beispiel eindrucksvoll beweist, sämtliche Rohstoffquellen müssen immer schneller ausgebeutet werden, sodaß durch Produktion und Gebrauch die Abfallmenge ständig steigt. Bei Beibehaltung aller ökonomischen Prämissen, insbesondere dem Gesetz des Wachstums, müssen wir -nach einer vom Umweltministerium in Auftrag gegeben Studie- in 25 Jahren das Dreifache der heutigen Mengen aller Güter produzieren, konsumieren und abfallwirtschaftlich entsorgen. Diese Rechenbeispiele berücksichtigen auf der einen Seite zwar die in absehbarer Zeit denkbaren Müllvermeidungserfolge sowie die "Kompensationseffekte" durch technische Vorsprünge weniger Industrienationen, andererseits läßt es jedoch das im gleichem Zeitraum exponentiell ansteigende Bevölkerungswachstum und die Begrenztheit aller Rohstoffressourcen völlig unberücksichtigt.

Behalten wir den jetzigen Kurs der marktwirtschaftlichen Ordnungsstruktur mit seinen Zinsmechanismen bei, so befürworten wir das Wachstum über alle Grenzen hinaus und werden mit Umweltschutz lediglich Symptomforschung betreiben, ohne jemals den "kranken" Kern unseres Systems geheilt zu haben.

Quellen (ohne Textverweis):

Pierre Salinger, "Spiegel", Ausgabe 05/91
Peter Fox, "Why You Don't Need Meat", 1986
"Raum und Zeit", Ausgabe 49/91
Dennis Meadows (Club Of Rome), "Grenzen des Wachstums", 1973
Rainer Fischbach, "Volkswirtschaftslehre", 1990
Dr.Wagner, "Vorlesungen der psychologischen Ökologie", 1991
Dale T.Miller/Cathy McFarland "Social Comparison", 1991
Süddeutsche Zeitung, Conny Neumann, Januar 1992
Pychologie heute, Ausgabe April 1992
Joni Seager, "Der Öko-Atlas", 1991
Nieschlag/Dichtl/Hörschgen, "Marketing", 1991
L.Brown/C.Flavin/S.Postel, "World Watch", 1992
Lutz Wicke, "Die ökologischen Milliarden", 1986

sowie Quellunterlagen diverser Organisationen wie (Auswahl):

Global Environment Monitoring System (GEMS)
World Health Organization (WHO)
Organization for Eco. Cooperation and Development (OECD)
Food and Agriculture Organization (FAO)

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