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Meine Filmempfehlungen für's Heimkino...


Seven von David Fincher (M. Lyschik)
Contact von Robert Zemeckis (A. Mascha)


Se7en (Seven)
Regie: David Fincher
Jahr: 1995

"Wie sagte einst Hemmingway? Die Welt ist wunderschön - es lohnt sich, für sie zu kämpfen. Dem zweiten Teil stimme ich zu." Das ist der Schußsatz eines der Protagonisten und zugleich der Ausgangspunkt der dunklen, mystischen Geschichte, um Maßlosigkeit, Habsucht, Gier, Neid, Zorn, Maßlosigkeit und Lust, den sieben Todsünden. Ein Polizistenduo, ungleich, denn einerseits kühn, mut- und hoffnungsvoll weil jung und anderseits erfahren und verbittert weil alt, zusammengeklebt wie in Lethal Weapon, jagen einem okkulten Serienmörder hinterher, der seine Opfer gemäß der schrecklichen, biblischen Logik quält und schließlich tötet.

Gleich zu Anfang möchte man diesen Film in die unrühmliche Reihe der schlecht gemachten Polizeifilmchen stellen, die seit Schweigen der Lämmer auch noch eine unverdiente Popularität genießen, wenn nicht diese Bilder von Darius Khondji wären. Diese, fast immer schwarzen, tief eindringenden Bilder voller Unerkärlichkeiten, die wie in Fincher's Erstlingswerk Alien III immer nur einen kleinen Ausschnitt aus der Realität preisgeben und die dunkle Seite des Zuschauers inspirieren. "Ich glaube, wir wären froh, wenn wir den Teufel finden würden", sagt Dedective Summerset (Morgan Freeman), "doch es ist gewiß nur ein Mensch." Ein Mensch, wie Du und Ich, mit guten und schlechten Seiten. Das ist das Ungeheuerliche. Denn alles, die Stadt, in der es ständig regnet, die Mitmenschen, stets schlecht gelaunt, resigniert und voller Gewalt, sie sind die Normalität und zugleich das Ungeheuerliche, das Zerstörende. Wie wir.

Uns so zieht uns der Film immer stärker in seine Atmosphäre, die so dicht und unnahbar düster wirkt wie in Blade Runner und doch diesem Genre so wesensfremd, wie in Der unsichtbare Dritte, wenn die Spannung unter einem Strommastenfeld fast zu zerbersten droht. Die unversöhnlichen Polizisten stehen als Symbol für die Entfremdung der Pole in unserer Gesellschaft, und wie das Gute und das Böse sind auch sie nur die unterschiedlichen Seiten derselben Münze. Mill's Frau (Gwyneth Paltrow) als Vermittlerin kann letztlich daran auch nichts ändern. Und so nimmt das Puzzle langsam Gestalt an und beide merken, das sie nicht nur Bestandteil des Spieles, sondern auch Inhalt des Puzzles sind. Während Mad Max den unversöhnlichen Kampf aufnimmt, so zögern Summerset und Mills (Brad Pitt) zunächst, glauben, nur einen religiösen Spinner zu jagen um letztlich selbst die Sünder zu werden.

Der Film, mit seinen unauslöschbaren Bildern, ganz wie in Stadt der verlorenen Kinder, seiner Dramaturgie, die nicht auf stumpfe Action und Effekthascherei setzt, seiner Musik und den nahezu perfekten Schnitten, er darf getrost als der beste Thriller der letzten Jahre bezeichnet werden. Die Detailliebe, die in sich vollständig schlüssige Story, sie sind geradezu hollywood-untypisch und doch so nah am amerikanischen Way Of Live. Diese eigentümliche Mischung aus Zukunftsangst und bitterer Realität machen diesen Film zu einem Muß für Fans dieses Genres.

Markus Lyschik


Contact
Regie: Robert Zemeckis
Jahr: 1997

Der in Bewußtheit geschwungene Kreis fließt harmonisch zum Ausgangspunkt zurück und schließt sich. Die Schlußszenen des Meisterwerks von Robert Zemeckis führen wieder zurück zum holographischen Weltbild, in das der Zuschauer mit den ersten Bildern eingeweiht wird. Dieses cineastische Meisterwerk des gleichnamigen Romans von Carl Sagan ist mit seinen eindrucksvoll inszenierten Szenen mehr als oscar-verdächtig. Doch es ist vielmehr der philosophische Inhalt, als die zugleich einfühlsame und packende Inszenierung, der eine Parallele zu shakespearescher Unterhaltung auf der globalen Bühne des Filmtheaters wagen läßt.

Die großen Fragen des Menschseins werden in diesen Science Fiction eingeflochten, der gar nicht den Anspruch auf philosophische Bedeutsamkeit erhebt. Die Unterscheidung zwischen expliziter - und oft heuchlerischer - Moral und impliziter Ethik ist nicht nur inhaltliches Thema; der Film selbst schafft den Sprung in die Kybernetik 2. Ordnung und tut was er ‘predigt’.

Contact ist ein Science Fiction, der nicht den Anspruch auf Wahrheit erhebt und doch die Frage nach der Wahrheit auf einer so tiefen Ebene aufwirft. Die Reise der Heldin durch die Raumzeit steht gleichsam als Metapher für die mystische Erfahrung, die persönliche Reise ins holographische Universum des eigenen Bewußtseins. Es ist die unerschütterliche Suche nach Wahrheit und Erkenntnis, die der Heldin diese Reise ermöglicht und es ist ihr kindliches Staunen, das ihr die Schau ermöglicht. Es sind weniger die Worte als vielmehr die Bilder die die ontologische Einsicht der Einheit des Seins zu kommunizieren versuchen.

Neben den philosophischen Fragen bezieht der Film jedoch auch richtungsweisende Standpunkte zu aktuellen Fragen der Wissenschaft, der Bedeutung der Grundlagenforschung und anderen gesellschaftsrelevanten Themen.

Doch der Film ist kein schweres Werk - kein Intellektuellenfilm, dessen künstlerischer Wert sich durch das Ausbleiben von Zuschauern auszeichnet. Contact kann auf mehreren Ebenen gesehen werden, sowohl als Kontemplation, als auch als gute Unterhaltung und gerade dies ist seine Stärke. Er wirft aber auch die Frage auf, ob Filmkunst immer elitär sein muß, um das Prädikat "Kunst" zu bekommen, oder ob nicht die Unterhaltungskomponente gar ein wichtiger Teil eines Gesamtkunstwerks sein könnte. Zemeckis wollte jedenfalls, daß sein Film auch von einem breiten Publikum gesehen wird und natürlich wollte es dabei auch Geld verdienen - beides wollte Shakespeare im übrigen auch.

Welchen Wahrscheinlichkeitsgrad wir der Existenz von außerirdischer Intelligenz und Wurmlöchern in der Kosmologie und Astrophysik auch immer einräumen mögen, so sollten wir doch tatsächlich dem Aufruf des Filmes folgen und die Erforschung des Kosmos weiterführen. Denn vielleicht ist es ja tatsächlich möglich raum-zeitlich unbedingte Information (z.B. über unser zukünftiges Überleben) aus der Zukunft (evtl. sogar aus unserer eignen Zukunft) zu empfangen. Das nachgewiesen Phänomen der Quanten-Nichtlokalität läßt jedenfalls eine bisher unentdeckte Kommunikationmöglichkeit erahnen, die jedoch mit den bestehenden Theorien der Physik noch nicht erklärt werden kann. Doch vielleicht sollten wir auch gar nicht auf die künftigen Experimente anderer Wissenschaftler warten, sondern in uns eine Stille schaffen, die ein aufmerksames Lauschen ermöglicht - vielleicht empfangen wir ja eines Tages Signale...

Andreas Mascha

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