Divergenzen im ökologischen Konsumentenverhalten als Herausforderung für eine konzeptionelle Erweiterung des Marketing


Die folgende Ausarbeitung ist im Rahmen einer Diplomarbeit an der Fachhochschule München entstanden, weshalb die Darstellung der gesamten Arbeit unter HTML nicht sinnvoll erschien. Ich habe deshalb einige Abschnitte -die auch zusammenhanglos gelesen (und verstanden) werden können- herausgeschnitten und als einzelne Dateien in meiner Homepage abgelegt. Diese Seite enthält die Links zu diesen Dateien, die Gliederung, Einleitung und Zusammenfassung der Arbeit.

Einleitung: Problemstellung der Arbeit
Gliederung
Zusammenfassung
Links zu den Textbeispielen


Gliederung

Einleitung

Problemstellung der Arbeit
Aufbau der Arbeit

I. Die Divergenzen im ökologischen Konsumentenverhalten

1. Definitorische Abgrenzungen und Grundlagen

1.1. Umwelt und Ökologie
1.2. Bewußtsein und ökologisches Bewußtsein
1.3. Ökologischer Konsum und ökologische Produkte
1.4. Umfang der ökologischen Divergenz im Spiegel empirischer Forschung
1.5. Erklärungsmodelle des Konsumentenverhaltens

2. Der Strukturmodellansatz als Erklärungsbeitrag für das Konsumentenverhalten

2.1. Partialkonstrukt Umweltbewußtsein

2.1.1. Subkonstrukt "Werte"
2.1.2. Subkonstrukt "Einstellungen"
2.1.3. Exogen-psychische Faktoren
2.1.3.1. Kulturelles und soziales Umfeld
2.1.3.2. Mediales Umfeld
2.1.3.3. Weitere Umfeldbedingungen

2.2. Partialkonstrukt Situation

2.2.1. Aktivierende psychische Prozesse
2.2.1.1. Motivstruktur
2.2.1.2. Involvementbedingungen
2.2.1.3. Risikoempfinden
2.2.2. Kognitive psychische Prozesse
2.2.2.1. Wahrgenommene Eigenverantwortung und Verhaltenskonsequenz
2.2.2.2. Wahrgenommene Effektivität
2.2.3. Exogen-situative Faktoren
2.2.3.1. Objektbezogene Determinanten
2.2.3.2. Raumbezogene Determinanten
2.2.3.3. Zeitbezogene Determinanten
2.2.4. Persönlichkeitsmerkmale

2.3. Partialkonstrukt Speichersystem

2.3.1. Informationsaufnahme und -verarbeitung
2.3.2. Informationsspeicherung

3. Ansätze zur Erklärung der Divergenz im ökologischen Konsumentenverhalten

3.1. Der methodenkritische Erklärungsansatz
3.2. Der "Commons-Dilemma"-Erklärungsansatz
3.3. Der umweltpsychologische Erklärungsansatz

3.3.1. Wahrnehmung
3.3.2. Bewertung
3.3.3. Verarbeitung
3.3.4. Handlung

II. Entwurf einer konzeptionellen Erweiterung

1. Definitorische Abgrenzungen und Stellung der konzeptionellen Erweiterung


1.1. Öko-Marketing und Sozio-Marketing
1.2. Marketing-Konzeption und ökologische Marketing-Konzeption
1.3. Einordnung der konzeptionellen Erweiterung

2. Basisdeterminanten und Prämissen der konzeptionellen Erweiterung

2.1. Das Verantwortungsdilemma
2.2. Die Machtstrukturen der Marktteilnehmer

2.2.1. Machtposition Individuum
2.2.2. Machtposition Staat und Institution
2.2.3. Machtposition Unternehmen

2.3 Das integrierte Management

3. Die konzeptionelle Erweiterung des Marketing

3.1. Zielebene

3.2. Strategieebene

3.2.1. Zielgruppenabgrenzung
3.2.2. Strategieverständnis
3.2.3. Strategiefunktion
3.2.3.1. Strategieparameter Wahrnehmung
3.2.3.2. Strategieparameter Bewertung
3.2.3.3. Strategieparameter Verarbeitung
3.2.3.4. Strategieparameter Handlung

3.3 Instrumentalebene

3.3.1. Angebotspolitik
3.3.1.1. Produktgestaltung
3.3.1.2. Programmgestaltung
3.3.1.3. Preisgestaltung
3.3.2. Distributionspolitik
3.3.3. Kommunikationspolitik
3.3.3.1. Werbung
3.3.3.2. Weitere Kommunikationsinstrumente

Zusammenfassung



Einleitung: Problemstellung der Arbeit

In den letzten Jahrzehnten hat es wohl kein in seiner Bedeutung vergleichbarer Themenkomplex geschafft, eine derartig schnelle, soziale Diffusion zu erreichen, wie das Problemfeld der Ökologie. Begleitet von zahlreichen Umweltkatastrophen fand durch die weltweit bekannt gewordenen Studien des Club Of Rome und anderer, allgemein anerkannter, Institutionen binnen kurzer Zeit eine breite, gesellschaftliche Hinwendung zu ökologischen Fragen statt. Darauf aufbauend belegte eine inflationäre Vielzahl von Untersuchungen, anhand unterschiedlichster Verfahren und Indikatoren, das gestiegene Umweltbewußtsein in der deutschen Bevölkerung. Abgesehen von marginalen Veränderungen, stellt man jedoch bei näherer Betrachtung fest, daß zwischen dem bezeugten Umweltbewußtsein und dem tatsächlichen, umweltbewußten Kauf-, Gebrauchs- und Verwertungsverhalten der Konsumenten eine zum Teil enorme Verhaltenskluft (Divergenz) besteht.

Die Lösung der ökologischen Krise ist demnach nicht vordringlich in der Weiterentwicklung von Technologien oder administrativen Maßnahmen zu sehen, sondern muß beim Individuum selbst, in Form eines nachhaltigen Wertewandels, ansetzen. Vor dem Hintergrund der ökonomischen Macht und der ökologischen Verantwortung von Unternehmen kommt hierbei dem Marketing, als historischem Wegbereiter einer übersteigerten Konsum- und Wegwerfgesellschaft, eine Schlüsselrolle zu: Mit seinen Instrumenten kann es den Konsumenten in seiner Wertedisposition zielgerichtet beeinflussen, um so die notwendige Voraussetzung für den Umbruch von der Konsumgesellschaft hin zu einer "Sustainable Society" zu schaffen. Gleichzeitig muß das Unternehmen jedoch auch weiterhin sein originäres Zielesystem erreichen können. Dieser dualistische Ansatz ist der Dreh- und Angelpunkt der vorliegenden Arbeit, d.h. es wird untersucht, ob das Unternehmen unter Berücksichtigung seiner Primärmotivation, die individuelle, ökologische Verhaltensschere zu schließen vermag, indem es sein Marketinginstrumentarium auf die individuellen Verarbeitungsmechanismen ausrichtet. Das zentrale Thema ist demnach, aufbauend auf den Erkenntnissen der ökologischen Konsumentenforschung, einen konzeptionellen Rahmen zu finden, der die individuell bedingte Umweltzerstörung durch gezielte, unternehmerische Beeinflussung des Konsumenten minimiert.

Um dieser Problemstellung adäquat gerecht zu werden, ist eine interdisziplinäre Vorgehensweise unerläßlich, d.h. daß auch zum Teil uneinheitliche Forschungsansätze aus den unterschiedlichsten Disziplinen, wie beispielsweise aus der Verhaltens- und Konsumforschung, der Soziologie, der Sozial- und Lernpsychologie, der Psychoanalyse und der Marketingwissenschaft Eingang in diese Arbeit gefunden haben. Dabei ist zu berücksichtigen, daß sich psychische und soziale Prozesse einer exakten Quantifizierbarkeit entziehen. Darüber hinaus hat die Zusammenführung unterschiedlicher Denkansätze und nicht aufeinander aufbauender Forschungsfelder zur Folge, daß einige definitorische Abgrenzungen und Darlegungen nicht immer unmittelbar plausibel erscheinen. Im Hinblick auf die Heyek'sche Auffassung von den Wirtschaftswissenschaften, wonach nur derjenige ein guter Ökonom ist, der nicht nur ein Ökonom ist, wurde diese Vorgehensweise jedoch für die Darlegung des konzeptionellen Ansatzes als sinnvoll und notwendig erachtet.


Zusammenfassung

Die Analyse der "Black Box" des Konsumenten im Hinblick auf sein umweltorientiertes Verhalten bringt eine Reihe von Erkenntnissen hervor. Wählt man den integrierenden Strukturmodellansatz als Operationalisierungswerkzeug, so zeigt sich zunächst, daß das Umweltbewußtsein, als Teil des Konsumentenbewußtseins, ein Wert-Einstellungs-Konstrukt verkörpert, daß sich im Hinblick auf den Objektbezug in mehrere Hierarchieebenen differenzieren läßt. Dabei kommt der Wertedimension eine tragende Rolle zu, da insbesondere in sehr komplexen ökologischen Problemsituationen, die individuellen Werte die Handlungen des Individuums über ein kompliziertes Wirkgefüge maßgeblich determinieren.

Werte und Einstellungen konstituieren sich jedoch nicht autark, sondern werden auch durch exogen-psychische Faktoren bestimmt. In diesem Zusammenhang zeigt sich, daß neben dem kulturellen und sozialen Umfeld vorwiegend die Medien einen hemmenden Einfluß auf das ökologische Bewußtsein ausüben.

Ergänzt man das Gedankengebäude des Strukturmodells um situative Komponenten, so wird einsichtig, daß über die objekt-, raum- und zeitbezogenen Determinaten hinaus, noch weitere aktivierend- bzw. kognitiv-psychische Prozesse das Verhalten steuern. Hervorzuheben sind hier insbesondere die individuelle Motivstruktur, das persönliche Involvement und die wahrgenommene Eigenverantwortung sowie die wahrgenommene Effektivität. Kombiniert man schließlich die Konstrukte Umweltbewußtsein und Situation mit dem Partialkonstrukt Speichersystem, so erhält man ein umfassendes Bild über die individuellen, ökologierelevanten Abläufe im Kopf des Konsumenten.

Will man die Betrachtungsweise des komplexen Wirkgefüges vertiefen, müssen weitere Erklärungsansätze in die Betrachtung Eingang finden. Hier erscheint der umweltpsychologische Erklärungsansatz von herausragender Bedeutung, da er auf den Erkenntnissen des Strukturmodellansatzes mit seinen systemaren Verkettungen aufbaut, und die psychologischen Grenzen bzw. Barrieren in der individuellen Wahrnehmung, Bewertung und Verarbeitung ökologischer Inhalte akzentuiert. Im Mittelpunkt stehen hier innerpsychische Mechanismen, wie beispielsweise Angst oder Abwehr, die wiederum auf alle Parameter des Strukturmodellansatzes wirken.

Falls sich das Unternehmen zu seiner gesellschaftlichen und ökologischen Verantwortung bekennt, kann es die Ergebnisse dieser Analysen dazu nutzen, die ökologische Verhaltenskluft zu schließen und so seinen Beitrag zum Erhalt der Umwelt und seiner natürlichen Ressourcen leisten. Hierzu erscheint das Marketing mit seinem Instrumentarium als prädestiniert, sofern man es in ein alle betrieblichen Teilbereiche umfassendes (integriertes) Umweltmanagementsystem bettet.

Koppelt man die Erkenntnisse des Sozio-Marketings -über den Einsatz von Sozialtechniken- mit den Leitideen des Öko-Marketings, so kann die Vielzahl der Ansatzpunkte, die sich aus der eingehenden Analyse des ökologischen Konsumentenverhaltens ergeben haben, in eine konzeptionelle Form gegossen werden.

Diese additive Konzeption stellt eine Erweiterung des Marketingkonzeptgedankens dar. Sie knüpft an die Zieleebene und entwickelt Strategien, die komplementär zu den originären, unternehmerischen Basisstrategien verfolgt werden. Ferner modifiziert sie alle Instrumente der operativen Ebene entsprechend. Im Mittelpunkt der Konzeptidee steht die Konstruktion einer individuell ausgerichteten, ökologisch-psychologischen Förderstrategie, die eine soziale Diffusion eines ökologisch sinnvollen, gesellschaftlichen Wertewandels erlaubt. Es kann aufgezeigt werden, daß die eher theoretische Betrachtung durchaus auch operative Gestaltungsoptionen hervorbringen kann. Ferner belegen die Ausführungen, daß eine derartige Erweiterung des Marketings durch Zielgruppenerweiterungen und Imageeffekte einem ökologisch ausgerichteten Hersteller gleichfalls ökonomische Vorteile bieten kann.

Jeder Mensch muß sich selbst, seine Ziele und seine Wertvorstellungen ebenso erforschen, wie die Welt, die er verändern möchte. Ohne Zweifel muß angesichts der globalen Umweltzerstörung der Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen ein vorrangiges Ziel aller sein. Die Entscheidungsträger im Marketing sollten die Kenntnisse der Konsumentenforschung deshalb nicht dazu mißbrauchen, lediglich monetäre oder machtpolitische Ziele zu verfolgen, sondern dazu nutzen, das Individuum in seinem ökologisch konsistenten Verhalten zu unterstützen. Dazu muß sich das Marketing zu seiner ökonomischen Macht und zu seiner ökologischen Verantwortung bekennen. Wenn das Marketing wirklich eine in seinem Gestaltungsbemühen konsequent auf die Kundenbedürfnisse ausgerichtete Führungskonzeption sein will, dann muß es das fundamentale Grundbedürfnis aller gegenwärtigen und zukünftigen Kunden befriedigen können, nämlich den Erhalt einer lebenswerten Umwelt.


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